Zürich, 19. Januar 2015
Griechenland steht vor brennenden Entscheidungen
Beitrag von Dr. Felix Regli, Finanz Beratung
Am 25. Januar 2015 wählen die Griechen ein neues Parlament. Falls Alexis Tsipras von der Linksallianz Syriza die Wahlen gewinnt, fordert er eine Neuaushandlung des griechischen Sparprogramms und einen Schuldenschnitt von mindestens 50%. Einen Austritt aus dem Euro peilt er jedoch nicht an. Es könnte aber dennoch zu einem solchen Schritt kommen, falls die Verhandlungen der neuen Regierung mit der Troika (EZB, IMF und EU) scheitern würden.
Das hochverschuldete Griechenland ist das schwächste Glied im EURO-Raum. Die Schuldenquote von fast 180% des Bruttoinlandproduktes ist auf Dauer nicht tragbar. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass man Griechenland den Vorwurf machen muss, nach dem Beitritt zur Währungsunion – die übrigens nur durch gefälschte Daten sich seinerzeit den Beitritt zum Euro erschlichen hat – hemmungslos die Staatsschulden in die Höhe getrieben hat, ohne sich um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu kümmern.
Das Land ist faktisch pleite und wird ohne einen massiven Schuldenschnitt nicht aus dem Tal der Tränen finden, ganz unabhängig wer die neue Regierung anführen wird. Ein grosszügiger Schuldenverzicht – eine ökonomische Vernunft – hätte zudem einen weiteren Effekt. Die Griechen müssten dann ihr wirtschaftliches Schicksal selbst in die Hand nehmen und könnten für ihre Misere die Troika nicht mehr verantwortlich machen. Bei keiner Einigung über Schuldenreduktion und Austeritätsmassnahmen ist jedoch ein Austritt aus dem Euro sehr wohl denkbar. Doch auch dann würde die EU nicht um flankierende Hilfsmassnahmen zugunsten Griechenlands auskommen.
Wie hoch die Ansteckungsgefahr eines Austritts auf andere Euro-Länder besteht, ist nur schwer abzuschätzen, jedoch deutlich geringer als in den letzten Jahren. Eine vielleicht auch heilsame Lektion für die Währungsunion ist nicht auszuschliessen. Der Euro könnte mittelfristig sogar gestärkt aus der Situation hervorgehen. Für Griechenland hätte ein Austritt aus dem Euro jedoch schwerwiegende Konsequenzen. Durch Gelddrucken und Inflation wäre ein Absturz in noch grössere Armut und Radikalisierung wahrscheinlich, was nicht im Interesse Europas sein kann. DOWNLOAD PDF Griechenland mit Euro oder Drachme
Bild: www.bloomberg.com