Zürich, 5. Mai 2015
Dr. Felix Regli
Die Stärke des US-Dollars gegenüber dem Euro in den letzten 12 Monaten war mit rund 20% sehr ausgeprägt, zwischenzeitlich betrug die Zunahme gar 25%. Hauptgründe für die Dollarstärke bzw. Euroschwäche sind die sich abzeichnende sachte Normalisierung der Geldpolitik in den USA mit einer ersten Zinserhöhung wahrscheinlich noch in diesem Jahr und einer extrem expansiven Geldpolitik in Europa.
Mit dem gigantischen Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) von monatlich 60 Milliarden Euro an Anleihen von Staaten und europäischen Institutionen im Zeitraum März 2015 bis September 2016 möchte die EZB die deflationären Tendenzen bekämpfen und die Konjunktur ankurbeln. Das noch ungelöste Griechenlandproblem trug bisher ebenfalls für den Euro negativ zu Buche. Der schwache Euro ist seitens der Euro-Zone willkommen und zeitigt auch bereits erste Früchte bezüglich sich verbessernder Wirtschaftsaussichten.
In den USA wiesen demgegenüber die letzten Konjunkturindikatoren auf eine eher enttäuschend schwache Wirtschaftsentwicklung hin. Sollte diese Schwäche in den Vereinigten Staaten anhalten, so hätte dies in zweierlei Hinsicht Auswirkungen. Erstens würden die amerikanischen Währungsbehörden ihre beabsichtigte erste Zinserhöhung seit 2006 wohl weiter in die Zukunft verschieben. Zum zweiten würden die Wachstumsunterschiede zwischen USA und Europa kleiner. Das Höchst des Dollars vom 13. März 2015 von 1.05 gegenüber dem Euro könnte der Wendepunkt gewesen sein. Der Dollar war in der Vergangenheit mehrheitlich unterbewertet, ist aber gegenwärtig gemäss Kaufkraft um ca. 12% überbewertet.
„Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem“, beschied einst John Connally, US-Finanzminister unter Richard Nixon, dem Rest der westlichen Welt. Doch dieses Mal hätte Mario Draghi von der EZB sagen können: der Euro ist unsere Währung, aber euer Problem. Der schwache Euro war gewollt, wenn dies auch nicht explizit ausgesprochen wurde. Doch die Trendwende könnte eingeläutet worden sein. Der in den letzten Tagen weltweit erfolgte deutliche Anstieg der Renditen von Staatsanleihen führte dazu, dass auch viele auf Euro lautende Papiere wieder positive Renditen aufweisen. Dies ist ein deutliches Zeichen, dass der Kapitalabfluss aus Euro-Anleihen sich verringern dürfte. Selbst ein Zahlungsausfall oder ein ungewollter Austritt Griechenlands aus dem Euro würde den Euro wohl höchstens kurzfristig belasten.
Eine Lösung des Griechenlandproblems, wenn auch mit schmerzlichen Begleiterscheinungen, dürfte gar den Euro stärken. Auf einen schwachen Euro bzw. einen starken Dollar würde ich nicht setzen, aber auch nicht auf einen übermässig starken Euro.